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Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don‘t Dry

Er ist zurück und ich habe ihn begleitet bei seiner Zeitreise in das 21. Jahrhundert.
Wer den guten Larry nicht kennt, dem sei gesagt, dass es hauptsächlich darum geht, Frauen abzuschleppen mit den besten Anmachsprüchen, die die Welt kennt. Ab und an gelingt es sogar dem Schürzenjäger, an sein Ziel zu kommen. Naja, mehr oder weniger, aber keine Angst... Im Detail wird niemand etwas zu sehen bekommen. Allerdings gibt es Aktionen, die allein in der Vorahnung ein verstörendes Kopfkino auslösen können. Von Inventarinhalten wie Gummimumus, Analstöpsel oder Einhornköpfe zum überziehen ganz abgesehen. Wer also lautstark bei einer MeToo-Demo aus voller Überzeugung mitmacht oder sexuelle Anzüglichkeiten generell meidet, sollte lieber die Finger von dem Spiel lassen. Allen anderen möchte ich das klassische Point&Click Adventure etwas näher bringen.

Larry wird auf mysteriöse Weise aus den 80ern in die Neuzeit katapultiert und taucht, aus der Kanalisation mithilfe eines Aufzugs vor seiner Stammkneipe auf. Obwohl sich alles verändert hat, inklusive dem gealtertem Barkeeper des Leftys, ist Larry anfangs noch etwas schwer von Begriff. Die Unterhaltung mit einer Influencerin in der Kneipe führt nur zu noch mehr Verwirrung bei unserem Möchtegern-Playboy. Auf der Toilette findet er den Prototyp eines Smartphones mit einer verärgerten KI als Hologram a la Star Wars. Die KI des PiPhones will umgehend zurück zu ihren Erschaffern gebracht werden. Da Larry einer Frau, auch wenn sie nur digital ist, nichts abschlagen kann, bringt er das Handy zu Prune – dem Marktführer für Handytechnologie. Der Chef dort, Bill Jobs, ist nicht sehr begeistert, dass der Prototyp verschwunden war und streitet mit seiner Assistentin Faith. Larry fängt natürlich gleich an sie anzubaggern. Sie erwidert allerdings, dass sie nur mit Personen ausgeht, die einen Timber-Score von mindestens 90 aufweisen können. Timber ist die hippe Dating-App, bei der Punkte vergeben werden können, je nachdem, wie ein Date verlaufen ist. Als Finderlohn bekommt unser Playboy ein Handy geschenkt inclusive dieser App – und Larry nimmt die Herausforderung der 90 Punkte natürlich sofort an und das Adventure beginnt.
Es wird gebaggert und getüftelt, denn wie das bei einem Point&Click Adventure üblich ist, stecke ich alles in die Tasche was einzustecken ist. In der Inventarleiste können Gegenstände kombiniert werden. Als Hilfestellung kann die Leertaste benutzt werden um alles anzuzeigen, mit dem man interagieren kann. Die Stadt New Lost Wages bietet mehrere Locations sowie die unterschiedlichsten Charaktere mit denen sich Larry unterhalten kann. Dabei bewegt er sich dank Schnellreisefunktion frei durch die Stadt und ist an keinen linearen Ablauf gezwungen. Ganz im Gegenteil – ich muss ihn sehr oft Hin und Her reisen lassen, um meinem Ziel näher zu kommen. Dabei werden, je nach Fortschritt, weitere Orte, Personen und Dialoge freigeschaltet.

Die Rätsel sind größtenteils logisch aufgebaut aber nicht unbedingt realistisch. Ein Beispiel? Na klar! Das Firmenlogo von Prune ist eine Pflaume in Anlehnung des realen Apfels. Wir wissen alle, welchem Körperteil diese Frucht ähnelt und Larry benutzt die bereits erwähnte Nachahmung aus Gummi als Stempel, um einen Arbeitsvertrag zu fälschen. Von dem Kettensägenbenzin als Zutat zum Bier brauen fangen ich gar nicht an. Vielleicht hätten die Entwickler ein Minispiel einbauen können – das wäre noch das i-Tüpfelchen.
Frust, weil ich nicht weiter kam, gab es nur zwei Mal und es erledigte sich dann auch relativ fix. Mit knapp 15 Stunden Spielzeit für Kenner des Genres liefern Entwickler CrazyBunch und Publisher Assemble Entertainment ein solides Adventure für knappe 30 Euro im Steam-Shop.

Wet Dreams Don‘t Dry ist zu großen Teilen infantil, politisch inkorrekt und vulgär. Dafür gibt es sich mit humorvollen Einlagen gesellschaftskritisch und glänzt mit Anspielungen auf die 80er, allgemeiner Popkultur und aktuelle Geschehnisse. Den Humor und die Anspielungen finde ich sehr gelungen und das Spiel nimmt sich selbst und auch seine Vorgänger gerne mal auf die Schippe. Ob das Objekte aus früheren Teilen sind, Szenen im 8-Bit Format oder die Aussage, dass Al nicht an das Telefon ging. Zur Anmerkung: „Al” Lowe ist der Erfinder von Larry Laffer. Die Hintergründe sind Detailverliebte Handzeichnungen, teilweise mit netten Anspielungen. Alle Dialoge sind größtenteils sehr gut vertont mit professionellen Sprechern. Auch besteht die Möglichkeit, das Adventure in englischer Originalvertonung mit deutschen Untertiteln zu spielen. Speichern ist zudem jederzeit möglich, was für mich natürlich ein weiterer Pluspunkt ist. Natürlich gibt es auch Minuspunkte wie das Iventar. Bei vielen Objekten muss man nämlich scrollen, wodurch bei vielen Objekten die Übersicht leidet und es nervig wird. Auch eine Art Tagebuch wäre wünschenswert gewesen, um jederzeit zu wissen, welche Aufgaben gerade aktuell zu erledigen sind. Außerdem fehlt eine Übersicht der verfügbaren Tastenkürzel.

Alles in Allem ist Wet Dreams Don‘t Dry ein würdiger Nachfolger der guten Teile des Franchise – im Gegensatz zu manch anderem Ableger, der die letzten Jahre über veröffentlicht wurde. Die Portierung der Denkweise aus den 80ern in die heutige Gesellschaft ist eine gute Story für Larry gewesen. Ich habe den guten Larry sehr gehyped und würde gerne mehr von ihm sehen.   hg