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Ist Pokemon Go das wahre Killerspiel?

Wer erinnert sich noch an den Amoklauf in der Schule, der vor zehn Jahren stattfand? An den Jungen, der in Emstetten Opfer von massivem Mobbing geworden war und jeden Tag aufs Neue große Angst vor Gewalttaten anderer Jungendlicher hatte. Er hatte all dies selbst sauber dokumentiert und der Nachwelt in einem Tagebuch hinterlassen. Die Gründe für seine Tat lagen klar auf der Hand. Die Sache hatte nur einen Haken: Auf seinem PC war Counter Strike installiert. Ähnlich sah es 2009 in Winnenden aus und bei dem Schützen vom vergangenen Freitag deutet auch vieles darauf hin.

2006 krochen die Politiker aus allen Löchern und forderten Verbote für Videospiele und Änderungen des Paragraphen 131, der die Gewaltverherrlichung regelt. In jeder Talkrunde waren sie zu sehen mit ihrer teilweise völligen Unwissenheit über das, was sie schilderten. Dabei gaben sie sich der Lächerlichkeit preis unter den Menschen, die einen Computer zu Hause stehen haben. Ein Wort für mehr Sicherheit an Schulen? Mehr Lehrer/innen einstellen, damit die Aufsicht gewahrt ist? Fehlanzeige, denn das kostet viel Geld und würde unnötige Arbeitsplätze schaffen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis diese Diskussionen aufgrund der Ereignisse des vergangenen Wochenendes wieder aufleben. Dann mehr dazu im nächsten „Angezockt”.

?hnlich wie die Situation, wenn ein Ball auf die Stra?e rollt, jedoch mit dem gravierenden Unterschied: Ein Autofahrer kann das Pok?mon nicht sehen.Stellen wir das mal hinten an und konzentrieren uns auf ein Spiel, das gerade überall in den Medien kursiert. Pokémon Go! Das Handyspiel, in dem kleine Monster gefangen werden müssen. Auf das Spielprinzip brauchen wir nicht eingehen – ist überall schon durchgekaut worden und jeder kennt es. Auch Meldungen über kriminelle Machenschaften sollten die meisten gelesen haben. Dass zwielichtige Subjekte Spieler zu Pokéstops locken um sie auszurauben, ist nur ein Beispiel von vielen. Darüber, dass die Viecher in Auschwitz, auf Friedhöfen oder anderen Orten, die man besser nicht programmiert hätte, gefangen werden können, lassen wir uns hier auch nicht aus. Derweil hüpfen aktuell viele Händler und auch große Ketten auf den Hype-Zug auf und locken Spieler mit Rabatten in ihre Läden, wenn sie dort ein Pokémon fangen oder andere Spieler anlocken. Lustiger sind dann die Berichte, in denen die Sammler in einen Teich oder Brunnen fallen, weil sie die Glubscher einfach nicht vom Display wegbekommen. Ähnlich wie die Ausrede eines Geisterfahrers neulich: „Das Navi hat gesagt …”

Niedlich im Stau auf dem Armaturenbrett, f?r Jugendliche schnell ein gef?hrliches Spiel auf dem Asphalt.Aber worüber wir dabei lachen – wenn denn der Pokémonjäger klitschnass aus dem Wasser steigt – kann für Kinder der sichere Tod sein. Dann ist es kein Brunnen sondern eine Straße. Unser Foto mit der Autobahn ist keine Montage sondern ein realer Screenshot, von dem ich übrigens mehrere bekommen habe – nur aus einem sehr engen Bekanntenkreis. Das kommt also doch etwas häufiger vor. So sind nicht nur die Straßen der Stadt eine Gefahr für unachtsame Displaystarrer, auch auf der Autobahn lauern Gefahren. Jugendliche könnten in ihrem Pokémon-Sammel-Fieber mal schnell versuchen das Glurak auf der A5 zu fangen. Motorradfahrer mit eingeschaltetem Spiel gibt es auch schon zu Hauf. Und was passiert jetzt im Stau? Richtig, schnell mal ein paar Pokémon im Wald nebenan einfangen, während der Rettungswagen nicht zum Unfall kommt, weil die Pokémon-Gier den Kein-Gassen-Frei-Lasser zu weit in die Büsche getrieben hat um jetzt noch Platz zu machen. Selbst auf frei zugänglichen Schienen gibt es fangbare Monster.

?hnlich wie die Situation, wenn ein Ball auf die Stra?e rollt, jedoch mit dem gravierenden Unterschied: Ein Autofahrer kann das Pok?mon nicht sehen.Wo sind denn jetzt die Politiker um ein Verbot solcher Spiele zu fordern? Oder einen Gesetzesentwurf vorzulegen, nach dem im Handy ein Altersnachweis abzugeben ist (leicht zu umgehen, aber das wissen sie doch eh nicht)? Ein komplettes App-Verbot in und an Fahrzeugen? Denkbar ist auch ein Versammlungsverbot für Pokéstops – auf denen auch schon Personengruppen mit Eiern und Tomaten von den genervten Anwohnern beworfen wurden. Nebenbei gab es schon Facebook-Gruppen, um PokémonGo-Spieler mit Steinen zu bewerfen. Ich weiß, was Politiker mit dem Pokémon-Hype machen: Sie posten stolz ihre eigenen Errungenschaften mit der App.

Bis der erste „Jäger” unter die Räder kommt …

Für die abgebildeten Fotos gilt: Niedlich im Stau auf dem Armaturenbrett, für Jugendliche schnell ein gefährliches Spiel auf dem Asphalt.
oder
Ähnlich wie die Situation, wenn ein Ball auf die Straße rollt, jedoch mit dem gravierenden Unterschied: Ein Autofahrer kann das Pokémon nicht sehen.
   (E.C.)

Fotos: (Chris & M.C.)